Flâneur d’Or 2001

Winterthur (ZH): Fussgängerzone Altstadt

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Man schrieb das Jahr 1973, als die Winterthurer Bevölkerung einer verkehrsfreien Zone im historischen Stadtkern mit grossem Mehr zustimmte. Bis zur Eröffnung der heutigen Fussgängerzone sollten dann allerdings noch einige Jahre ins Land und manche politisch- juristischen Händel über die Bühne gehen. Doch was lange währte,wurde in diesem Fall bemerkenswert gut.


“Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass mit der Signalisation einer zusammenhängenden Fussgängerzone ein fussgängerfreundliches Verkehrsregime geschaffen werden kann, das die Altstadt als Zentrum für Einkauf, Begegnung, Kultur und Wohnen aufwertet, ohne dass deswegen die notwendigen Fahrbeziehungen wesentlich eingeschränkt werden.” Gegen diese Feststellung des Winterthurer Stadtrates vom 17.3.99 erhob sich kein Widerspruch mehr. Die vormals verhärteten Fronten hatten sich nach und nach aufgeweicht
und der Erkenntnis Platz gemacht, dass sich fussgängerfreundliche Strassenräume auszahlen – nicht nur für AnwohnerInnen, Restaurationsbetriebe und Vergnügungsstätten, sondern auch für betroffene Einkaufsgeschäfte und Gewerbetriebe. Der erste Schritt Richtung Fussgänger- Altstadt erfolgte gar schon 1955 mit dem Fahrverbot auf dem geschäftsmässig wichtigsten Strassenzug Untertor–Marktgasse – noch bevor in den 60er-Jahren der Verkehr flutartig anschwoll. Die Bemühungen der AltstadtbewohnerInnen, sich wieder Luft zu verschaffen, mündeten im erwähnten Volksentscheid von 1973. Doch statt im Schritt- ging es dann nur noch im Schneckentempo vorwärts – obwohl die Winterthurer Altstadt mit dem Hauptbahnhof und zahlreichen Bushaltestellen an ihrer Peripherie bestens durch den öffentlichen Verkehr erschlossen ist. Mit der Signalisierung einer eigentlichen Sperrzone für Motorfahrzeuge wurde 1987 ein nächster Meilenstein gesetzt. Für die dadurch wegfallenden Strassenparkplätze war vor den Toren der Altstadt in Form von Parkhäusern für Ersatz gesorgt worden (Vermehrung von 1500 im Jahre 1970 auf 2500). Mitte der 90er-Jahre schliesslich verschwanden die letzten frei zugänglichen Parkplätze im eigentlichen Altstadtgebiet von der Bildfläche; das Hin und Her um die verkehrspolizeilichen Anordnungen kam zu einem guten Ende. Die Etablierung der Zone mit generellem Vortritt für den Fussverkehr – bei erlaubtem Fahrverkehr im Schritttempo – war dann nur noch Formsache.
  Autofreiheit als Verkaufstrumpf
Der Verbannung des Motorfahrzeugverkehrs aus den einzelnen Gassen und Strassenabschnitten folgten in gewissen Abständen baulich-gestalterische Massnahmen, angefangen 1976 auf der Hauptachse Untertor–Marktgasse, wobei sich die ansässigen Geschäftsleute finanziell namhaft beteiligten. Andere Gassen und Plät-ze haben schon oder werden noch ein schöneres Gesicht erhalten. Der ewige Interessenkonflikt zwischen AnwohnerInnen und Gewerblern, die befürchten, Auto fahrende Kundschaft zu verlieren, ist lösbar. Ein ganzes Viertel “für sich” zu haben, gefahrlos schlendern und “lädele” zu können, ist und bleibt ein gefragtes Erlebnis, erst recht vor historischer Kulisse und in einladend gestalteten Aussenräumen, wie Winterthurs Zentrum sie bietet.