Saint-Imier (BE): ConviviaCité

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Die Gemeinde Saint-Imier und das Tiefbauamt des Kantons Bern haben sich mit dem Projekt "ConviviaCité" zum Ziel gesetzt – unter Beibehaltung der Funktion als Verkehrsachse – den öf- fentlichen Raum der historisch gewachsenen Uhrenstadt aufzuwerten und für die Zufussgehenden attraktiver und «plus convivial» zu gestalten.

Um das Zentrum von Saint-Imier für die FussgängerInnen attraktiver und "plus convivial" zu gestalten wurd die Geschwindigkeit zwischen dem Place du Marché und dem Place du 16 Mars - dort wo sich die meisten Geschäfte befinden - auf 30km/h herabgesetzt. Diese Massnahme erlaubt den Lärm des Verkehrs spürbar zu senken und steigert zudem das Sicherheitsempfinden der FussgängerInnen, insbesondere beim Überqueren der Fahrbahn.
Um die Strassengrösse an das Verkehrsregime 30km/h anzupassen und eine Überquerung der Strasse in zwei Etappen zu gewährleisten, wurde ein Mittelstreifen angelegt.
Die Umgestaltung des Stadtkerns von Saint-Imier zeichnet sich durch viele Feinheiten aus: strenge Einhaltung der Anordnung und der Architektur der Gebäude, Symmetrie der Fassaden, einheitlicher Verputz der Fassaden (meist Pastellfarben) etc. Die Materialien und die Farben, für das Mobiliar, wie auch für die Infrastruktur wurden so ausgewählt, dass sie sich gut in die Stadt integrieren lassen. Die ausgwählten Materialien sind: Naturstein (Granitplatten oder Pflastersteine), Beton und Asphalt.
Da die Beleuchtung über die ganze Strassenpassage minimal war, wurden überall wo es möglich war Beleuchtungen an den Fassaden montiert - dies war bereits für die bestehende Beleuchtung der Fall. Auf den Plätzen, wo es unmöglich war die Beleuchtung an den Fassaden anzubringen, wurden Masten aufgestellt, welche es erlaubten eine "Lichterdecke" zu installieren.
Um die Aufenthaltsqualität zu verbessern, Erholungsmöglichkeiten zu garantieren, spielerische Bereiche zu schaffen, ist die Umgestaltung der verglasten Schaufenster entlang der Geschäftsmeile sowie das anbringen von Sitzbänke, Sonnenschirme, Abfalleimer und Spielen vorgesehen. Die Dichte all dieser Elemente wurde erhöht, um den Effekt "Galerie marchande" ("Einkaufspassage") zu konkretisieren (zurzeit in Planung) und um die Erholungs- und Begegnungsräume zu vervielfachen.

Berücksichtigung der Personen mit eingeschränkter Mobilität
Der Übergang zwischen Fahrbahn und Gehbereich wurde so gestaltet, dass er aus einem 16 cm bereitem Naturstein mit einem geringen Neigungswinkel sowie einem Niveau-Unterschied von nur 4 cm besteht. Besonders für Menschen im Rollstuhl bzw. mit Rollator sowie für Personen mit Kinderwagen ist diese Konstruktion von Vorteil und richtet sich nach den Vorgaben für hindernisfreies Bauen.

Organisation
Auftraggeber: Tiefbauamt des Kantons Bern (Kanton) und Gemeinde St. Imier
Planung und Projektierung: RWB Jura SA, Porrentruy


Zeitraum
Die Realisierung dieses umfassenden Strassenbauprojektes erfolgte in mehreren Etappen: 2011: Abschnitt Rue Baptiste Savoye 2012: Abschnitt Place du Marché und Rue Francillon 2013: Abschnitt Place du 16 Mars und Rue Dr. Schwab 2014: Abschnitt Route de Villeret und Route de Tramelan


Finanzierung
Kantonsstrasse und Trottoirs: rund CHF 6 Mio.
Infrastrukturen der Gemeinde (Strassen und Plätze): rund CHF 5 Mio.


Bewertung der Jury
«Weniger ist mehr»: Auf den ersten Blick wirkt die neu gestaltete Kantonsstrasse sehr einfach. Nur eine spärliche Möblierung befindet sich auf den Strassen- oder Gehflächen. Das Fehlen einer harten Bordsteinkante und der geringe Niveauunterschied zwischen Fahrbahn und Gehbereich erzeugen den Eindruck einer durchgängigen Fläche von Fassade zu Fassade. So wird das Gefühl von Shared Space vermittelt und das Nebeneinander der Strassenfunktionen als Durchgangsachse und Ortszentrum verdeutlicht. Durch die einfache, aber sorgfältig ausgeführte Gestaltung kommt auch die attraktive Architektur von Saint-Imier besser zur Geltung. Und nicht zuletzt wird die Sicherheit der Zufussgehenden erhöht, denn diese werden nicht durch Gegenstände verdeckt und sind aus dem Fahrzeug früh erkennbar.
Der Attraktivität des Zentrums und insbesondere auch der Sicherheit der Zufussgehenden zu Gute kommen die langsamen Tempi, welche durch das Zusammenspiel der baulichen Massnahmen – wie Gestaltung eines Eingangstors, Mittelinseln, Kernfahrbahn, durchgängige Reduktion der Fahrbahnbreite – erreicht werden. Obwohl die Gestaltung keinen Einfluss auf die Verkehrsmenge hat, konnte die Querbarkeit der Strasse verbessert und die trennende Wirkung reduziert werden. Die Hindernisfreiheit im öffentlichen Verkehrsraum wurde mit präzisen Details sorgfältig geplant und berücksichtigt die Anliegen von Menschen mit Gehbehinderung bzw. mit Rollstühlen oder von Eltern mit Kinderwagen. Ein Nachteil der sanften Trottoirkante besteht jedoch darin, dass die Gehfläche einfacher vom rollenden Verkehr befahren werden kann und deshalb weniger Schutz vor unerwünschtem Parkieren oder Anlieferverkehr bietet.