Cham (ZG): Papierigleisweg (Langsamverkehrsweg auf und entlang dem ehemaligen Papierigleis)

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Mit der im Dezember 2021 abgeschlossenen Sanierung und Erweiterung einer stillgelegten Bahnlinie (Anschlussgleis Papieri) konnte eine sichere und attraktive Langsamverkehrs-Achse in Cham erstellt werden.

Der rund 550 Meter lange Fuss- und Radweg verbindet das neue Wohn- und Arbeitsquartier im Papieri-Areal mit der Nestléstrasse und führt quer durch das Ortszentrum von Cham. Der Fuss- und Radweg fördert nebst dem Langsamverkehr auch die Gesundheit. Dabei werden auch Räume geschaffen, wo sich Menschen begegnen und austauschen können.

Das vielschichtige Projekt zeichnet sich aus durch den Einbezug von unverkennbaren historischen Elementen der damaligen Bahnlinie, einem Pionierprojekt mit im Belag eingebauten Solarfliesen für eine E-Bike Ladestation sowie einer attraktiven Aufwertung der Umgebung im Projektperimeter. Dies macht das Flanieren auf dem Papierigleisweg zu einem unvergleichlichen Erlebnis für Jung und Alt.

Ausgangslage

Die Papierifabrik Cham hatte von 1920 bis 2013 für den Materialtransport mit der fabrikeigenen Bahn einen direkten Gleisanschluss zu den Bahngleisen am Seeufer des Zugersees. Nach dem Ende der Industrialisierung und der schrittweisen Verlagerung der Produktion entsteht auf dem stillgelegten Fabrikareal ein Wohn- und Arbeitsquartier für über 2'000 Menschen. Im Zuge dieser Neugestaltung konnte die Einwohnergemeinde Cham die Fläche entlang des stillgelegten Papierigleis erwerben und zu einem öffentlichen Weg ausbauen.

Papierigleisweg
Im Dezember 2021 ist die 550 Meter lange Rad- und Fussverbindung auf und entlang dem ehemaligen Anschlussgleis Papieri eröffnet worden. Der Weg weist zwei unterschiedliche Oberflächen auf, die parallel nebeneinander verlaufen. Der Gleiszwischenraum von ca. 1.5 Meter wurde mit einer Chaussierung aus Mergel versehen, welche bündig bis zur Schienenoberkante eingebracht wurde. Parallel ergänzt wird dieser durch einen 1.5 bis 2.5 Meter breiten Asphaltstreifen, welcher einen sehr hohen Anteil an Recycling-Material vorweist.

Tradition trifft Moderne
Der chaussierte Abschnitt steht für die Tradition. Hier sind die bestehenden Elemente der Gleisanlage (Signalanlagen, Gleise, Bahnschwellen, Schotterbett, Kabeltrasse) so belassen bzw. so geringfügig wie möglich durch bauliche Massnahmen tangiert worden. So konnte der Geschichte dieser Gleisverbindung zu Zeiten der Industrialisierung in Cham Rechnung getragen werden. Der Bezug zur Moderne konnte mit einem Pionierprojekt zur nachhaltigen Mobilität geschaffen werden. Auf einem Abschnitt des asphaltierten Weges sind Solarzellen aus rezykliertem Kunststoff in die Fahrbahn integriert worden. Diese schweizweit erste Anlage dieser Art speist eine Ladestation für E-Bikes. Dies ist auch eine Hommage an das ausgemusterte "Papieri-Bähnli", welches seinerzeit bereits elektrisch mit Akkumulatoren betrieben wurde.

Umgebungsgestaltung
Mit den Anwohnenden, dem Verein Lebensraum Landschaft Cham (LLC), der Schule Städtli II sowie dem Werkhof wurde die Umgebung naturnah und artenreich gestaltet. So wurden u.a. eine Trockensteinmauer saniert, Neophyten entfernt und ökologisch wertvolle Sträucher entlang des Wegs gepflanzt. Ein Highlight ist das Naturprojekt von Schulkindern der Primarschule Städtli II in Zusammenarbeit mit dem Werkhof und dem Bereich Umwelt Cham. So wurden entlang des Papierigleis über 5'000 einheimische Pflanzen gesetzt sowie ein Insekten- und Wildtierhotel, inklusive Teich für Wildtiere wie den Igel, gebaut. 

Die intelligente Beleuchtungssteuerung mit dimmbaren Leuchten sorgt für genügend Sicherheit und Komfort, spart Energiekosten und reduziert die unerwünschte Lichtemissionen.

Varia und Kosten
Im 2019 wurde an der Gemeindeversammlung ein Budget von CHF 1.4 Mio. gesprochen. Die Bauarbeiten zur Umnutzung des Weges wurden im Dezember 2021 abgeschlossen. Sowohl die Planung als auch die Ausführung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Umwelt-Fachstellen, dem Verein LLC, Grundeigentümern sowie kantonalen und kommunalen Ämtern.

Projektbeteiligte

Bauherrschaft:

  • Einwohnergemeinde Cham

Landschaftsarchitekten:

  • Iten Landschaftsarchitekten GmbH, Unterägeri (Bereich Neudorf Center)
  • Beni Kaufmann Landschaftsarchitektur, Cham

Ingenieurleistungen & Bauunternehmungen:

  • Gruner Berchtold Eicher AG, Zug
  • BÜWE Tiefbau AG, Rotkreuz
  • Werkhof Cham (Gartenbau)

Solartechnik:

  • Furrer Solartechnik GmbH, Cham

Chronik

  • 2013 – Ausserbetriebnahme des Lokverkehrs auf dem Papierigleis
  • 2017 – Bachelorarbeit zum Papierigleisweg, Konzeptstudie
  • 2018 – Erwerb des Bahntrassees zum Papieri-Areal durch die Einwohnergemeinde Cham
  • 2018 – Vorprojekt mit Kostenschätzung / Antrag Planungs- und Projektierungskredit (Ausarbeitung Auflageprojekt)
  • 2019 – Genehmigung des Rahmenkredits durch die Chamer Stimmbevölkerung
  • 2020 – Bauprojekt und Baueingabe
  • 2021 – Erstellung Bauprojekt; Eröffnung Papierigleisweg im Dezember 2021

Kostenrahmen

Genehmigter Rahmenkredit: rund CHF 1.4 Mio*.
*davon wurden rund 40% der anrechenbaren Kosten vom Bund getragen (Agglomerationsprogramm)

Bisher wurde der Kredit mit ca. CHF 1.1 Mio. belastet.

Ergänzende Bemerkungen

Der Papierigleisweg dient dem Fuss- als auch dem Radverkehr und ist sehr gut passierbar für Menschen mit einer Beeinträchtigung und Personen mit Kinderwagen. Der Weg weist keine Stufen auf und das Gefälle ist minim. Es gibt zwei Strassenquerungen mit Fussgängerstreifen. Bei der E-Bike Ladestation stellt die Einwohnergemeinde ein Lastenvelo von carvelo2go zur kostengünstigen Benutzung zur Verfügung. Auf eine Anti-Rutsch Beschichtung der Schienen konnte verzichtet werden. Betreffend sonstiger Sicherheit erfolgte die Abnahme durch einen bfu-Sicherheitsdelegierten der Gemeinde Cham.

Dem Denkmal- und Umweltschutz wurde grosse Bedeutung beigemessen. Die Bahngleise und das Schotterbett wurden aus altlasten- und abfallrechtlicher Sicht geprüft. Wo immer möglich wurden die Elemente der Bahnanlage belassen oder nach der Sanierung wiederverwendet. Stark beschädigte oder belastete Elemente sind ersetzt worden. Die Umgebung wurde zurückhaltend und naturnah gestaltet, darunter finden sich:

  • 90 verschiedene Wildstaudenarten bzw. 5'200 Wildstaudenpflanzen
  • über 200 Wildgehölze
  • 10 Bäume
  • Strukturelemente wie Steinhaufen und Totholz
  • Insekten- und Wildtierhotel
  • Igeltränke