Flâneur d’Or 2001

Unterstammheim (ZH): Strassensanierung für Unterdorf und Oberdorf

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Was gestern eine auf den motorisierten Verkehrsstrom ausgerichtete, gesichtslose Fläche ohne Bewegungsund Schutzräume für FussgängerInnen war, präsentiert sich heute als einladender Strassenraum für einen fussgän-gergerechten Mischverkehr. Die Gemeinde Unterstammheim hat Verkehrsberuhigung und Ortsbildpflege exem-plarisch unter einen Hut gebracht.


Der im Zuge einer Werkleitungssanierung – bei verhältnismässig geringem Zusatzaufwand – umgestaltete 300 m lange Strassenzug verbindet die historisch gewachsenen Siedlungen von Unterdorf und Oberdorf. Er führt attraktiven Häuserzeilen entlang, quert den Dorfplatz und kreuzt im unteren Teil die Hauptstrasse. Die Umgestaltung sollte auf der verkehrsorientierten Strasse mehr (Schulweg-)Sicherheit für den Fussverkehr bringen, den Fahrzeugverkehr bremsen und sich zudem “harmonisch ins denkmalpflegerisch wertvolle Ortsbild einfügen.”
Über die gesamte Länge wurde die Fahrbahn durch eine ziemlich stark gewölbte, aber problemlos überfahrbare gepflästerte Wasserrinne in einen FussgängerInnenund einen Fahrzeugbereich aufgeteilt. Trotz der optisch klar trennenden Wirkung der Rinne ist die gesamte Strassenbreite weiterhin flexibel nutzbar. Breite Fahrzeuge können für Kreuzungsmanöver Gastrecht auf dem Trottoir beanspruchen. Beim Dorfplatz wurden die vier einmündenden Strassen aufs Niveau des Fussgängerbereichs angehoben. Die auffällige Belagsmusterung, leicht ansteigende Asphaltrampen und der Rechtsvortritt sollen das Geschwindigkeitsniveau so weit senken, dass der Platz als Mischverkehrsfläche funktionieren kann.
  So funktionell wie ästhetisch
Die Renovation von Strasse und Plätzen zwischen Ober- und Unterdorf vermag sowohl funktionsmässig als auch durch die ästhetische Einbindung der Seitenräume zu überzeugen. Mit der Wasserrinne wurde ein innovatives Element ins Spiel gebracht, das trotz der so herbeigeführten, tendenziell beschleunigend wirkenden Verkehrstrennung das Erscheinungsbild klar zu korrigieren vermochte – von der autoorientierten Strasse zur Mischverkehrsfläche. Im Gegenteil wirkt sich die Verengung der eigentlichen Fahrbahn positiv aufs Geschwi digkeitsverhalten und mithin auf die Querbarkeit für die FussgängerInnen aus. Gelungen ist auch der subtile Übergang der Fahrbahn in den Kreuzungsbereich. Und schliesslich machte die Strassengestaltung auch vor der querenden Hauptstrasse nicht Halt; diese wurde ins Gesamtkonzept eingebettet. Einzuräumen ist, dass es sich dabei um eine Lösung handelt, die wohl vor allem bei mässigem Verkehrsaufkommen zum Tragen kommen kann. Mit der Integrierung nutzungsorientierter Elemente (Brunnenplätze) in die Strassengestaltung wurde der öffentliche Aussenraum besonders auch für den Langsamverkehr aufgewertet und als solcher wahrnehmbar gemacht. Die FussgängerInnen haben ein Stück von dem zurückbekommen, was ihnen im finsteren Mittelalter der Verkehrsplanung abhanden kam: Aufenthaltsqualität im Verkehrsraum, auf dem Dorfplatz und den täglichen Fusswegen zum Laden, zur Post, zur Schule. Die Strasse verbindet wieder, statt zu entzweien.