Bern, Kanton (BE): Tram Bern West

Klicken Sie auf das Bild um die Galerie zu öffnen. Das neue Tram Bern West bringt eine stetig wachsende Anzahl Fahrgäste auf direktem und bequemem Weg aus Berns Westen zum Zytglogge und in den Osten der Stadt. Zu den Qualitäten der neuen Tramlinie zählen aber auch wichtige städtebauliche Eingriffe, die den öffentlichen Raum aufgewertet haben: Neue Plätze sind entstanden und Parkanlagen aufgewertet worden; neue, attraktive Fuss- und Velowege führen durch die Stadt, und Haltestellen sind gut in den Stadtraum integrierte Orte geworden, an denen man sich gerne trifft und verweilt. Im Westen der Stadt Bern liegen die zwei grossen Entwicklungsgebiete Brünnen und Ausser- holligen/Weyermannshaus. Mittel- bis langfristig sollen hier rund 7’000 neue Arbeitsplätze und Wohnraum für rund 6'500 Menschen entstehen. Das 2008 eröffnete Freizeit- und Einkaufs- zentrum Westside in Brünnen erwartet in den nächsten Jahren pro Tag 10'000 Besucherinnen und Besucher.
Der Westen der Stadt Bern wurde – vor Eröffnung von Tram Bern West – zur Hauptsache durch die beiden Trolleybuslinien 13 und 14 erschlossen. Mit gegen 40'000 Passagieren pro Tag stiessen aber beide Linien an die Grenzen ihrer Kapazität und waren der dynamischen Entwick- lung des Westens nicht mehr gewachsen.

Die neue Linienführung folgt – ausser im Bereich Bethlehem-Kirche – der ehemaligen Linienführung der beiden Trolleybuslinien. Sie schliesst in der Brunnmatt an das bestehende Tramnetz an und teilt sich nach der Haltestelle Ausserholligen in zwei Äste auf. Der nördliche Ast führt durch das Stöckackerquartier über Bethlehem bis zur neuen S-Bahn-Station Brünnen und zum neuen Freizeit- und Einkaufszentrum Westside. Der südliche Ast folgt der ehemaligen Trolleybuslinie bis zur Endstation Bümpliz. Die gesamte Neubaustrecke ist 6,8 Kilometer lang und verläuft grösstenteils auf dem bestehenden Strassennetz. Über eine Strecke von knapp zwei Kilometern fährt das neue Tram auf eigenem Trassee.
Eines der Kernstücke von Tram Bern West ist die Vernetzung des Ostens mit dem Westen der Stadt Bern. So fährt die neue Linie 8 Brünnen (ehemals Linie 14) über den Bahnhof hinaus zur Endhaltestelle Saali, die neue Linie 7 Bümpliz (ehemals Linie 13) in den Ostring. Die Einwohnerinnen und Einwohner von Bümpliz und Bethlehem können also auch das ganze Stadtzentrum bis zum Zytglogge erreichen, ohne umsteigen zu müssen.

Projektorganisation / Beteiligte
Der Bau des Tram Bern West wurde im Auftrag des Kantons Bern durch die Tram Bern West AG realisiert. Der Verwaltungsrat wird durch die drei Bauherren BERNMOBIL, Stadt Bern und Energie Wasser Bern (ewb) gebildet.
Der Abschnitt Murtenstrasse wurde unter Federführung des Kantons, Oberingenieurkreis II, erstellt, der Abschnitt Brünnen unter Federführung der neuen Brünnen AG.


Zeitraum
1995 Bewilligung des Planungskredites für das Vorprojekt
2000 Lancierung des Ideenwettbewerbs für die städtebauliche, verkehrstechnische und betriebliche Einpassung
November 2002 Einreichung des Plangenehmigungsgesuchs I beim Bundesamt für Verkehr (BAV)
16. Mai 2004 Kantonale Volksabstimmung: Kredit wird nicht bewilligt (Nein- Anteil von 50,4 %)
2. Dezember 2005 Schaffung des Infrastrukturfonds: das Tram Bern West wird als dringliches Projekt aufgenommen
Ende April 2006 Einreichung des Plangenehmigungsgesuchs II beim BAV, Verzicht auf die Unterquerung des Autobahnviaduktes Weyermannshaus, statt dessen Bedienung Stöckackerquartier
17. Juni 2007 Kantonale Volksabstimmung: Kredit wird bewilligt
12. Juni 2007 BAV erteilt Infrastrukturkonzession an BERNMOBIL
9. August 2007 BAV erteilt die Plangenehmigung an BERNMOBIL
10. April 2008 Spatenstich
April 2008 – September 2010 Realisierung Tram Bern West
23. November 2010 BAV erteilt die Betriebsbewilligung an BERNMOBIL
12. Dezember 2010 Eröffnung Tram Bern West

Finanzierung
Das Tram Bern West kostete insgesamt 152,4 Millionen Franken. Davon entfielen 105,5 Millionen auf die eigentliche Traminfrastruktur (Trassee, Gleisbau, Fahrleitungen usw.). Die Traminfrastruktur wurde vom Bund (Infrastrukturfonds) und vom Kanton Bern finanziert. Die Stadt Bern übernahm die Kosten für den Strassenbau, die Gestaltung des öffentlichen Raums und der Wartehallen. Energie Wasser Bern sowie weitere Infrastrukturunternehmen nutzten die Gelegenheit, um ihre Werkleitungen zu sanieren (vgl. untenstehende Abbildung).


Bewertung der Jury
Es ist eine grosse Herausforderung, sich im Stadt- und Agglomerationsraum mit Tramprojekten auf zukünftige Mobilitätsbedürfnisse auszurichten und gleichzeitig für die Quartierbevölkerung attraktive Räume zur Verfügung zu stellen und die kleinräumigen Bedürfnisse des Fuss- und Veloverkehrs zu berücksichtigen. Die Verantwortlichen waren sich dessen bewusst und haben mit dem Projekt Tram Bern West modellhaft einen ganzheitlichen Ansatz im Schnittbereich öffentlicher Verkehr / motorisierter Individualverkehr / Fussverkehr / öffentlicher Raum betrieben. Die sorgfältige bauliche Umsetzung und die Aufwertung der öffentlichen Räume für die Fussgänger/innen ist eine der Stärken dieses Projektes (z.B. Bachmätteli, Ansermetplatz, Schloss- / Statthalterstrasse, Loryplatz). Wer die öV-Achsen von früher kennt, erlebt eine neue Stadtqualität. Die Gestaltung von Fassade zu Fassade und die städtebauliche Sichtweise treten bei den Tramhaltestellen zu Tage. Bestehende Grünflächen, kleinere Parkanlagen, Bachläufe und die angrenzenden Quartiere wurden in die gestalterische Umsetzung integriert und zu Quartierräumen aufgewertet. Durch die teilweise Reduktion der Fahrbahnbreiten und neue Mittelinseln wurde die Trennwirkung reduziert und das sichere und flächige Queren erleichtert. Die Gestaltung der Haltestellen zeigt, dass ein attraktiver Raum Sicherheit erzeugen kann, indem für alle Verkehrsteilnehmenden ersichtlich wird, dass dieser Raum geteilt wird: Die dezenten Gestaltungselemente bewirken trotz signalisierter Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eine deutlich tiefere und an die Situation angepasste Fahrweise des motorisierten Verkehrs. Das flächige Queren wird dadurch begünstigt und unterstützt das Bedürfnis nach kurzen Wegen. In der Nacht sorgen die Leuchtendächer in den Haltestellenbereichen für subjektive und objektive Sicherheit. Sie unterstützen aber auch am Tag die optische Wahrnehmung als sensible öffentliche Räume. Das Projekt überzeugt überdies aufgrund des partizipativen Planungsprozesses. Bereits in der Projektphase wurden Betroffene einbezogen und die Bevölkerung kontinuierlich informiert. Das Projekt wurde zwar in der Abstimmungsphase teils kontrovers diskutiert. Dass die Umsetzung dennoch keine grossen Wellen geworfen hat, ist als Resultat der breiten Mitwirkung zu werten. Die Haltestellen sind behindertengerecht gestaltet, die Hindernisfreiheit konnte jedoch nicht entlang der ganzen Tramlinie umgesetzt werden.