Zebrastreifen-Safari: Digitale Infrastruktur für Fussgänger

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Die Zebrastreifen-Safari hat den Auf- und Ausbau des Fussgängerstreifen-Datenbestandes von OpenStreetMap (OSM) zum Ziel, dies mit Hilfe eines neuronalen Netzes, also eines Algorithmus aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz, der auf Luft- und Satellitenbildern Fussgängerstreifen erkennt. Die gewonnen Daten erlauben es, die Navigation für Fussgänger zu verbessern und dabei ihre Sicherheit im Strassenverkehr zu erhöhen.

Projektbeschreibunbg
OpenStreetMap ist ein frei verfügbarer Geodatensatz und eine darauf basierende Weltkarte. Im Rahmen des Projektes Zebrastreifen-Safari an der Hochschule für Technik in Rapperswil (HSR) hat sich das Geometa Lab das Ziel gesetzt, den Bestand an erfassten Fussgängerstreifen in OpenStreetMap (OSM) zu erhöhen, um die Navigation für Fussgänger zu verbessern.

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Bild: OpenStreetMap Beispiel Radfahrkarte, Fussgängerstreifen als gelbe Punkte symbolisiert

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine Applikation mit dem Namen OSMDeepOD entwickelt (eine Abkürzung von “OSM and Deep Learning based Object Detection”). Diese kann Fussgängerstreifen mittels eines neuronalen Netzes - d.h. einem Algorithmus aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz - auf Luft- und Satellitenbildern (Orthofotos) erkennen.

Wie muss man sich das vorstellen? Die folgenden Bilder sollen diesen Prozess veranschaulichen.

Abbildung 1

Abbildung 2

Abbildung 3

Abbildung 4

Zuerst werden die Satellitenbilder (Abbildung 1) geladen. Im Anschluss werden die Strassendaten von OpenStreetMap mit den Satellitenbildern kombiniert (siehe blaue Linien in Abbildung 2). Danach werden entlang der Strassen kleinere Bilder ausgeschnitten (symbolisiert durch die roten Rechtecke in Abbildung 3). Schlussendlich analysiert der Erkennungsalgorithmus jedes dieser kleineren Bilder und entscheidet, ob ein Fussgängerstreifen darauf abgebildet ist oder nicht (siehe die grünen Punkte auf Abbildung 4, die erkannte Fussgängerstreifen darstellen).

OSMDeepOD wurde dann verwendet, um in der ganzen Schweiz nach Fussgängerstreifen zu suchen, welche noch nicht in OpenStreetMap erfasst wurden. Die Datenmenge, die der Erkennungsalgorithmus analysieren musste, war dabei massiv: bei einer Fläche der Schweiz von 41'285 km² entspricht dies etwa 185 Millionen Kacheln à 50×50 Pixeln. Das Resultat der Suche waren 18'036 potenzielle noch nicht in OpenStreetMap eingetragene Koordinaten von Fussgängerstreifen.

Um die erkannten Fussgängerstreifen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und auf deren Korrektheit zu verifizieren, wurde MapRoulette eingesetzt. MapRoulette erlaubt es, auf spielerische Art und Weise Daten in OpenStreetMap zu integrieren. Dazu wurden sogenannte “Challenges” erstellt, welche von der Community abgearbeitet wurden. In diesem Sinne wurden 20 Challenges mit insgesamt 18'036 Tasks erstellt.

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Bild: MapRoulette, Challenge: Missing Crosswalks of Walis, blauer Marker symbolisiert Fussgängerstreifen, der überprüft und gegebenenfalls in OpenStreetMap eingetragen werden soll

Vor dem Aufschalten der Challenges wurden im Durchschnitt wöchentlich 63.2 Fussgängerstreifen in OpenStreetMap erfasst. Seit unsere Challenges online sind, stieg diese Zahl auf 370.5 pro Woche. Während den letzten 24 Wochen konnte die Anzahl den in OpenStreetMap verzeichneten Fussgängerstreifen in der Schweiz somit von 41’788 auf 50’584 erhöht werden, was einer Zunahme von 8’796 Fussgängerstreifen entspricht und 17.4% des Bestandes ausmacht. Aktuell (Stand 04.04.2017) sind schon 12 unserer Challenges gelöst und immer noch 10’448 Tasks verfügbar.

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Bild: Anzahl Fussgängerstreifen der Schweiz in OpenStreetMap vom 01.07.2016 - 20.03.2017, Start der Challenges durch den roten Punkt symbolisiert.

Im Projekt mussten einige Hürden überwunden werden, wie das Handhaben von grossen Datenmengen, dem Implementieren und Optimieren eines Algorithmus zur Objekterkennung auf Bildern, dem Sammeln von genügend Testdaten für das Neuronale Netz, wie auch das einfache zur Verfügung-Stellen der gewonnen Daten an die Allgemeinheit.

Das Resultat der Arbeit macht zuversichtlich: Es wurde eine Erkennungsrate von weit mehr als 90% erreicht und dank der aktiven MapRoulette-Community ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Wochen sämtliche Fussgängerstreifen in OpenStreetMap eingetragen sind. Damit verfügt die Schweiz als eines der ersten Länder über flächendeckende Informationen zu Fussgängerübergängen. Diese offenen Daten können nun von Mobile Apps wie OsmAnd und Maps.Me aber auch von Applikationen für die Visualisierung (vgl. uMap), Planung (vgl. z.B. OSMaxx) und das Monitoring genutzt werden. Das Geometa Lab hilft gerne bei technischen Fragen. Die so gewonnenen Daten helfen allen Fussgängern zu einem sicheren Geleit durch den Verkehr.

Quellen
Zebrastreifen-Safari:
http://zebrastreifen-safari.osm.ch/ 
OSMDeepOD:
https://github.com/geometalab/OSMDeepOD MapRoulette - Webapp:http://maproulette.org/  OpenStreetMap Webkarte: http://www.openstreetmap.org/ 
HSR Hochschule für Technik Rappeswil: https://www.hsr.ch/ 
Geometa Lab HSR: www.hsr.ch/geometalab OsmAnd Mobile App: http://osmand.net/ Maps.Me Mobile App: http://maps.me/
uMap Blog-Post:
http://bit.ly/missing-crosswalks-zuerich
OSMaxx Web App: http://osmaxx.hsr.ch/

Organisation und Projektteam
Geometa Lab HSR (Leitung: Prof. Stefan F. Keller, Mitarbeit: Samuel Kurath,Raphael Das Gupta, Severin Bühler)

Zeitraum
Herbstsemester 2015: Projektstart als Semesterarbeit von Severin Bühler und Samuel Kurath an der HSR mit Prof. Stefan F. Keller.
Ab Januar 2016: Challenge auf MapRoulette für das Gebiet des Kanton Zürichs.
Ab Sommer 2016: Weiterführung Projekt mit dem Stellenantritt von Samuel Kurath am Institut für Software (IFS) an der HSR, um die Erkennungsrate zu erhöhen und das Suchgebiet auf die ganze Schweiz auszuweiten.
Ab Oktober 2016: suk­zes­si­ve Publikation weiterer Challenges auf MapRoulette (Tasks für die ganze Schweiz online).
Ab 2017: Permanente Verbesserung des Erkennungsalgorithmus und höhere Automation des Prozesses / Fachartikel und -vorträge von Raphael Das Gupta und Samuel Kurath.