Winterthur (ZH): Gleisquerung Stadtmitte

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Die Gleisquerung Stadtmitte bildet das Kernstück des ‹Masterplan Stadtraum Bahnhof›, welches neben der Sanierung bestehender Infrastrukturen, vor allem städtebauliche und betriebliche Aufwertungen für den Fuss- und Veloverkehr zum Ziel hat. Nach zwölfjähriger Planungs- und Bauzeit konnte das zentrale Teilprojekt im Herbst 2016 der Öffentlichkeit übergeben werden.

Projektbeschrieb
Direkt neben dem Bahnhof Winterthur treffen bei der Unterführung Zürcherstrasse einer der meistbefahrenen Bahnkorridore der Schweiz und eine der wichtigsten Verkehrsachsen aufeinander, und im Untergrund fliesst die eingedolte Eulach. 1981 hat eine neue Unterführung die Verkehrsströme verflüssigt, aber die Menschen an den Rand gedrängt. Mit der Umnutzung des einstigen Industrieareals in einen vielfältig genutzten Stadtteil wurde dieser Kreuzungspunkt zu einem Scharnier zwischen Altstadt und Sulzer-Areal und somit zu einer wichtigen Fussgängerverbindung. Als städtebauliche Operation ist es nun mit der Umsetzung des Grossprojekts «Gleisquerung Stadtmitte» gelungen, einer ehedem rein verkehrsfunktional konzipierten Bahnunterführung einen attraktiven Stadtraum entgegenzustellen. Nach zwölfjähriger Planungs- und Bauzeit konnte das neue, komplexe Bauwerk im September 2016 der Öffentlichkeit übergeben werden.

Tragende Idee des Eingriffs ist die «Wiederherstellung der Stadtebene» und die Eta­blierung von Plätzen anstelle von Übergängen und Brücken. Das Zusammenfügen der unterschiedlichen Belags- und Höhensituationen zu einem zusammenhängenden, hindernisfreien «Stadtboden» bildete den konzeptionellen Kerngedanken des Projekts, auf dessen Grundlage die Strassen-, Velo- und Fussgängerverbindungen neu konzipiert wurden. Gewissermassen mit dem Skalpell wurden in die wiedererschaffene Stadtebene die Rampen der Zürcherstrasse-Unterführung eingeschnitten – aber nur gerade so gross, wie es für die Lastwagen und die Busse nötig ist. So entstanden auf beiden Seiten der Bahnlinie zwei neue Plätze. Dadurch gelang es auch, das bisher isolierte Neuwiesen-Center in das Stadtgefüge einzubeziehen. Durch die Beschränkung auf wenige, präzis gesetzte Gestaltungselemente wurde ein grosszügiger Bewegungsraum etabliert, der den intensiven Bewegungsströmen gerecht wird. Ebenso konnten in den Unterführungen die Bereiche für den Fuss- und Veloverkehr deutlich vergrössert und attraktiver gestaltet werden. Als sichtbares Zeichen dieser Verbindung markieren zwei Dächer die Abgänge und einen visuellen Brückenschlag über die Gleise hinweg. Die Gleisquerung Stadtmitte ist Teil der Aufwertung des gesamten Bahnhofumfelds und zeigt exemplarisch, wie wichtig der Umgang mit Fussverkehrsflächen im Hinblick auf die Stadtwahrnehmung ist. Entstanden sind Fuss- und Veloverkehrsinfrastukturen mit Aufenthaltsbereichen, die über das Gleisfeld hinweg, aber auch dem Gleisfeld entlang vielfältige Beziehungen ermöglichen.

Organisation
Bauherrschaft: Stadt Winterthur, Departement Bau Tiefbauamt, Verkehrswege sowie SBB und Private
Architektur / Gesamtleitung: Müller & Truniger Architekten
Landschaftsarchitektur: Krebs und Herde Landschaftsarchitekten
Bauingenieur: Dr. Lüchinger + Meyer (Vor- / Bauprojekt), Gruner + Wepf AG (Ausführung)
Verkehrsplanung: Stadt Raum Verkehr, Zürich
Lichtplanung: Reflexion AG
Elektroplanung: IBG B. Graf AG
Bauleitung: Hochbau MMT AG Baumanagement
Bauphysik: Bakus Bauphysik & Akustik GmbH
Hochwasserschutz: Robert Bänziger AG
Liftplanung: H.R. Wehrle

Zeitraum
2004: Ideenwettbewerb
2005: Studienauftrag
Mai 2009: Rahmenkredit (Volksabstimmung)
2009-2010:  Realisierung, 1. Etappe
2013-2016:  Realisierung, 2. Etappe
2016: Wettbewerb Namensgebung
September 2016: Eröffnung

Kostenrahmen
Projektbestandteile: Fläche insgesamt 12‘000 m², zwei Personenlifte, Hauptanlieferung Coop-City, Hochwasserschutzmassnahmen, Ertüchtigung Pumpwerk Zürcherstrasse inkl. Elektrohauptverteilung, Erweiterung Bahnbrücke, Strassenüberdeckungen Bereiche West (Kesselhausplatz) und Ost (Salzhausplatz), Gedeckte / ungedeckte Veloabstellplätze, Zugangsbauwerke

Kosten: CHF 30.3 Mio (exkl. Werkleitung / Kanalisation / Dritte)

Bewertung der Jury
Die Jury beurteilt die Gleisquerung sehr positiv, weil sie insbesondere eine markante Verbesserung für die Fussgängerinnen und Fussgänger bedeutet. Gelungen sind die beiden neuen, gut frequentierten Plätze beidseits der Gleise, aber auch die Fussgängerpassagen unter den Gleisen sind heute deutlich angenehmer zu begehen. Als Benutzer vermisst man vielleicht einen direkten Treppenabgang auf der einen Seite, und in der Unterführung kann es stellenweise zu Konflikten zwischen Velos und Fussgängern kommen. Angesichts der komplexen städtebaulichen Situation ist dies ein Beispiel für eine sehr gelungene Stadtreparatur.