Ennetbaden (AG): Öffentliche Räume Bäderquartier - Sanierung und Neugestaltung

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Nachdem der historische Kern von Ennetbaden seit 2006 nicht mehr vom Verkehr dominiert wird, hat die Gemeinde die Gelegenheit ergriffen, die Sanierung und Neugestaltung der öffentlichen Räume im Bäderquartier und im Ortskern an die Hand zu nehmen. Basis waren ein Entwicklungsrichtplan und die Resultate eines Studienauftrags. Seither wurden die planerischen Grundlagen mit starker Anteilnahme der Bevölkerung sukzessive weiter vertieft, so dass ab 2011 bereits erste Bauprojekte umgesetzt werden konnten (Neugestaltung Hirschenplatz, Postplatz sowie Sanierung Ufermauer und Neugestaltung Badstrasse). Auch wenn noch weitere Realisierungsschritte anstehen, kann gesagt werden, dass der Ennetbadener Dorfkern im Bereich Postplatz und Bäderquartier langsam zu neuem Leben erwacht.

Ausgangslage
Der Ortskern von Ennetbaden ist seit Ende 2006 dank der Bäder- und Kernumfahrung vom Durchgangsverkehr entlastet. Eine stark befahrene Kantonsstrasse wurde dabei vom Flussufer der Limmat in einen Tunnel verlegt. Die Entlastung des Ortskernes von Verkehrsimmissionen wurde durch die Gemeinde als Chance gesehen die öffentlichen Räume strukturell und gestalterisch zu erneuern. In Zusammenarbeit mit der Stadt Baden wurden, gestützt auf den Entwicklungsrichtplan Bäderquartier, die Vorstellungen der beiden Orte unter den veränderten verkehrlichen Umständen 2007 in einem gemeindeübergreifenden Studienauftrag zur Bearbeitung ausgeschrieben.

Ziele der Neugestaltung
Im Rahmen eines gesamtheitlichen Konzeptes war eine qualitativ überzeugende Lösung in Bezug auf die Gestaltung und die Nutzungsmöglichkeiten der Strassenräume und der Plätze unter den veränderten verkehrlichen Bedingungen aufzuzeigen. Angestrebt wurde eine attraktive Gestaltung angepasst an den örtlichen Kontext mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Wesentliche Gestaltungselemente sollten als durchgehende konzeptionelle Einheit wahrgenommen werden, die landschaftlich reizvolle Lage am Prallhang der Limmat, direkt am Fluss, sollte aufgewertet und die Erlebbarkeit des Wassers verbessert werden.

Gestaltungskonzept
Die Grundidee der Neugestaltung, die heute in Teilgebieten umgesetzt ist, wurde von der Planergemeinschaft Bäderquartier im Studienauftrag entwickelt und wird seither weiterbearbeitet. Tragende Elemente sind ein Rundweg und das Herausarbeiten, Verdeutlichen und Aufwerten einer abwechslungsreichen Abfolge von Räumen und Erlebnissen, von welchen jeder in seiner Art ein Identitäts- und Qualitätspotential aufweist. Durch einen noch zu erstellenden Langsamverkehr-Steg (Wettbewerb Mättelisteg, 2012) werden die beiden Seiten der Limmat zu einem Rundweg zusammen geschlossen und die Bäderquartiere von Baden und Ennetbaden in einer Abfolge von interessanten Räumen miteinander verbunden. Im Bereich Ennetbaden reihen sich verschiedene Plätze entlang der Badstrasse auf, die als Promenade verstanden wird und verzahnen so den Ortskern mit dem Flussraum.

Erlebnis-Rundweg (Ennetbadener Seite):
Die Abfolge Postplatz - Promenade Badstrasse - Limmatplatz - Goldwandsteg - Winzerweg - Mättelisteg ist ein logischer Spazierweg. Man könnte die Strecke auch als Verlängerung der Limmatpromenade Badens sehen, die zwischen Schiefer Brücke und Merciersteg schmal wird. Auf der Badstrasse findet die Promenade (auf der Sonnenseite) ihre logische Fortsetzung als grosszügiger Spazierweg am Wasser, bis beim Oederlinareal wiederum die Bebauung direkt an den Fluss drängt und zu einem Wechsel auf die andere Seite der Limmat einlädt.
Auf Postplatz und Badstrasse gilt das Regime Begegnungszone und weil keine Durchfahrt für motorisierten Verkehr möglich ist, bewegt sich hier nur Anliegerverkehr. Die übrigen Bereiche sind dem Fussverkehr vorbehalten. Die Ausführung ohne Trottoirkanten und Höhensprünge sichert die Barrierefreiheit. Für eingeschränkt Sehende bieten subtile Materialwechsel Leitelemente.

Postplatz (realisiert, 2015):
Auf den Postplatz gelangt man von der Badener Seite aus von der Schiefen Brücke. Im Ennetbadener Gebiet erschliessen zahlreiche Eingänge den Platz. Ein Zugang erfolgt direkt aus dem Parkhaus, ein anderer über eine lange Treppe ab Gemeindehaus, Schulareal und Turnhalle. Der Postplatz hat sich von einer Strassenkreuzung in den Hauptplatz des Ortes verwandelt. Er ist ein Treffpunkt geworden und im Jahresverlauf finden zahlreiche Veranstaltungen statt. Eine durchgehende Pflästerung aus grossformatigen Natursteinen von Fassade zu Fassade bildet den „Fussboden“. Besondere Elemente sind der historische Brunnen, eine grosszügige Wasserrinne von der Hangkante bis zur Limmat, die den unterirdisch verlaufenden Bachtelibach erlebbar macht und eine Bauminsel. An den Rändern des Platzes und unter der Bauminsel laden Bänke zum Verweilen ein. Neben der Wasserrinne wurden in einem Streifen von ca. 2m die Pflastersteine besonders verlesen, um das Begehen oder Befahren der Natursteinfläche zu erleichtern. Entlang der Gebäudefassade zur Limmat wurde ein Streifen von flachen Natursteinplättli im gleichen Material wie die Pflästerung als behindertengerechter Bereich angelegt.

Promenade Badstrasse (Fertigstellung Juli  2017):
In der Sonne, auf Gastronomieterrassen, Bänken oder lehnend am Geländer wird ein neues Promenadengefühl vor teils historischen Fassaden erlebbar. Eine mediterrane Ausstrahlung entsteht durch Naturstein, Pflanzgefässe mit Sträuchern und durch die Aussicht auf die Limmat. Die Pflästerung bildet einen einheitlichen ruhigen Hintergrund. Eine durchgehende breite Entwässerungsrinne, ein Band aus hellen Betonplatten entlang des Geländers und das geschwungene Geländer betonen die Dynamik des Limmatbogens. Der Bronze- / Goldton des Geländers verweist auf den Ort (Goldwand) und hebt sich ab von den Grautönen der Oberflächengestaltung.

Limmatplatz (geplant ab 2019):
An die Badstrasse schliesst nördlich im Bereich des Limmatknies ein geschützter Aufenthaltsort an unter einem schattigem Baumdach und mit Blick auf die schnell fliessende Limmat. Es entsteht eine positive Spannung zwischen Ruhe und Dynamik. Der angenehme Bodenbelag aus Holzplanken suggeriert Feriengefühl und ein Trinkbrunnen lädt ein zum Pausieren.

Goldwandsteg (geplant ab 2019):
Wo die Limmat am schnellsten fliesst, setzt sich der Goldwandsteg als hängender Holzsteg fort. Durch Fugen in Steg und Geländer wird das bewegte Wasser sichtbar. Das Erleben des Flusses wird ein kleines Abenteuer.

Winzerweg (geplant ab 2019)
Der Goldwandsteg geht nach einer kleinen Plattform über in den Abschnitt Winzerweg. Hier kann man eintauchen in einen Rebberg, das Spiel von Licht und Schatten geniessen, Kies unter den Füssen spüren, langsam an Höhe gewinnen und die Limmat vom erhöhten Standpunkt aus betrachten. Der Rebberg erzählt als Zeitzeuge über die Geschichte des Ennetbadener Weinbaus.

Öderlin (geplant, Gemeinde Obersiggenthal):
Der Weg scheint zu verschwinden zwischen den ehrwürdigen Backsteingebäuden der Fabrik. Ein starker Kontrast zum Naturerlebnis entlang der Limmat, deren Ufer hier wieder grüner werden. Durch die schattigen Gebäudeschluchten öffnet sich der Blick über den Mättelisteg.

Mättelisteg (geplant, getragen von drei Gemeinden):
Der Steg verbindet das industrielle Erbe entlang der Limmat mit der Bädertradition auf der Badener Flussseite.

Vorgehen
Die Gemeinde Ennetbaden und auch die Planer legen Wert auf frühzeitige und gründliche Information und Kommunikation. Die lange Planungs- und Bauzeit erfordert Geduld bei der Bevölkerung, trotzdem erfolgen viele erfreuliche Rückmeldungen auf bereits umgesetzte Teile der Neugestaltung. Entscheidungen über Baukredite der einzelnen Teilprojekte fallen in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung. Bisher wurden alle angefragten Baukredite gutgeheissen. Im Rahmen von Ausstellungen, Infoveranstaltungen, Anwohnerbriefen / -gesprächen wurden Interessierte kontinuierlich über den Fortschritt und die Ziele der Neugestaltung informiert und deren Bedürfnisse und Bedenken flossen in die Gestaltung ein. Anlässe in den neu angelegten öffentlichen Räumen finden ein grosses Publikum. Die ansässige Gastronomie nutzt neu entstandene Möglichkeiten zur Bewirtschaftung von Aussenterrassen. Im Rahmen der Bearbeitung und Projektierung wurden neben den Einwohnenden auch Interessensverbände, wie der Verein Aargauer Wanderwege, Pro Velo und procap einbezogen. Mit der Aussicht auf eine Verbesserung der Qualität und der Nutzbarkeit der öffentlichen Räume werden private Eigentümer stimuliert, in ihre Immobilien zu investieren. Einige Sanierungs- und Neubauprojekte wurden bereits umgesetzt, andere befinden sich im Bau und in der Bewilligungsphase. So erwacht der Ennetbadener Dorfkern im Bereich Postplatz und Bäderquartier zu neuem Leben.

Projektbeteiligte
Auftraggeber: Gemeinde Ennetbaden, Andreas Müller, Leiter Planung und Bau
Planungsteam - Planergemeinschaft Bäderquartier: Eckhaus AG, dsp Ingenieure & Planer AG, Fischer Landschaftsarchitekten GmbH, Baumann Roserens Architekten AG
Ausführende Firmen: Birchmeier Hoch- und Tiefbau AG (Teilprojekt Regenrückhaltebecken und Werkleitungen Postplatz), Granella AG (Teilprojekt Oberflächengestaltung Postplatz), Implenia AG (Teilprojekt Badstrasse)

Zeitraum
2002: Genehmigung Entwicklungsrichtplan "Bäderquartier Baden/Ennetbaden"
2006: Inbetriebnahme Bäder- und Kernumfahrung, Sperrung Kern Ennetbaden für Durchgangsverkehr, Umwandlung Verkehrsregime in Begegnungszone
2007: Studienauftrag: Zentrum / Bäderquartier Gemeinde Ennetbaden - Bäderstrasse Stadt Baden: Aufwertung Neugestaltung öffentlicher Strassenraum
Bis 2011: Ausarbeitung Bauprojekte Postplatz, Goldwandsteg, Winzerweg, Limmatpärkli, Badstrasse, Sonnenbergstrasse
2011: Realisierung Naugestaltung Hirschenplatz
2011: Gesamtrevision Entwicklungsrichtplan Bäderquartier (Stadt Baden, Gemeinde Ennetbaden, Gemeinde Obersiggenthal)
2012: Projektwettbewerb Mättelisteg
2012: Testplanung Kernzone Ennetbaden / Leitbild Kern Ennetbaden, Vorgaben bauliche Weiterentwicklung
2014: Realisierung unterirdische Infrastruktur Postplatz (Neubau Regenbecken, Sanierung Bachkanal)
2015: Realisierung Neugestaltung Postplatz
2016 / 2017: Realisierung Sanierung Ufermauer und Neugestaltung Badstrasse

geplante Schritte:
Ab 2019: Realisierung Teilprojekte Goldwandsteg, Winzerweg, Limmatplatz
Ca. 2020: Realisierung Mättelisteg (Zustimmung von drei Gemeinden erforderlich)

Gesamtkosten Gemeinde Ennetbaden
Teilprojekt – Postplatz: CHF 5‘025‘000
Teilprojekt – Hirschenplatz: CHF 367‘000
Teilprojekt – Promenade Badstrasse: CHF 6‘629‘000
Teilprojekt – Limmatplatz, Goldwandsteg, Winzerweg: CHF 1‘840‘000
Teilprojekt – Mättelisteg: CHF 3‘459‘000

Erwartete Gesamtkosten: CHF 17‘320‘000

Bereits ausgeführte Teilprojekte & in Ausführung: CHF 12‘021‘000